Kernpunkte des Abkommens
Grundsätzlich wird der Abbau von Zöllen auf Industrie- und Agrarprodukte, darunter auch sensible Bereiche wie der Handel mit Rindfleisch, Geflügel und Getreide, angekündigt. Allerdings werden Zölle in zahlreichen wichtigen Bereichen nur gesenkt. Nach britischen Angaben werden etwa die Zölle auf Kfz von 27,5 % auf 10 % gesenkt. Insgesamt bleiben die sog. reziproken Zölle von derzeit 10 % in vielen Sektoren bestehen, darunter Teile der Automo-bilbranche und bestimmte Lebensmittelkategorien. Das schränkt den tatsächlichen Handelsvorteil für britische Exporteure erheblich ein.
Zudem besteht aus Sicht der britischen Exporteure weiterhin ein begrenzter Marktzugang im Agrarsektor. Die Hoffnung vieler britischer Landwirte auf einen breiteren Zugang zum US-Markt wurde nur teilweise erfüllt. Während US-Agrarprodukte leichter in das UK gelangen sollen, bleiben viele britische Produkte weiterhin regulativ eingeschränkt, z. B. durch US-Sicherheits- und Kennzeichnungsvorschriften. Auch in Bereichen wie Finanzdienstleistungen, Cloud-Computing und grüner Energie wird laut der offiziellen Bekanntmachungen der USA ein erleichterter Marktzugang erzielt.
Ein weiterer großer Meilenstein des Abkommens ist die Förderung der digitalen Wirtschaft, u. a. durch gemeinsame Standards in Künstlicher Intelligenz und Datenschutz. Allerdings warnen Experten vor der Asymmetrie bei regulatorischen Standards, da Großbritannien dabei Gefahr laufe, sich stärker an US-Standards anzupassen, was langfristig zu einem Verlust an regulatorischer Autonomie führen könnte.
Besonders in Nordirland und Schottland wird das Abkommen kritisch betrachtet, da es nicht direkt auf die Handelsproblematik mit der EU eingeht, die nach dem Brexit stark spürbar ist. Zudem befürchten Gewerkschaften, dass es Druck auf Arbeits- und Umweltstandards ausüben könnte.
Was bedeutet das für Unternehmen in Deutschland und der EU?
Britische Unternehmen erhalten durch den leichteren Zugang zum US-Markt einen Wettbewerbsvorteil gegenüber EU-Unternehmen – insbesondere in regulierten Branchen, wodurch der Wettbewerbsdruck für EU-Unternehmen steigt. Insbesondere könnten Unternehmen, die bislang über EU-Standorte exportieren, sich zugunsten britischer Standorte umentscheiden und so zur Verlagerung von Handelsströmen beitragen.
Durch das Abkommen gewinnt das Vereinigte Königreich folglich einen relativen Standortvorteil, insbesondere im digitalen Handel, bei Dienstleistungen und im Agrarsektor. Dies könnte den Druck auf die EU erhöhen, eigene Fortschritte mit den USA zu erzielen, um keinen Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen entstehen zu lassen. Washington zeigt mit dem Abkommen, dass es bereit ist, bilaterale und pragmatische Handelsverträge zu schließen – statt umfassender multilateraler Rahmenwerke wie TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). Die EU muss sich deshalb auf kleinere sektorale Vereinbarungen einstellen, z. B. im Bereich Künstliche Intelligenz, Cloud-Infrastruktur oder kritische Rohstoffe.
Das Abkommen unterstreicht die strategische Neuausrichtung des Vereinigten Königreichs nach dem Brexit – was möglicherweise weitreichende Folgen für die EU haben könnte. Unternehmen in Deutschland sollten die Entwicklungen genau beobachten, strategische Partnerschaften überdenken und ihre internationale Wettbewerbsposition aktiv absichern.
Quellenangaben
Fact Sheet: U.S.-UK Reach Historic Trade Deal
Trump, Starmer hail limited US-UK trade deal, but 10% duties remain
Redaktionell bearbeitet durch
Leonie Zappel
Programmleitung der AWA AUSSENWIRTSCHAFTS-AKADEMIE GmbH
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