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Zollwertrechtliche Behandlung von nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen

Der Bundesfinanzhof entschied abschließend in der viel diskutierten Rechtssache „Hamamatsu“, Urteil vom 17. Mai 2022 VII R 2/19 (ECLI:DE:BFH:2022:U.170522.VIIR2.19.0; veröffentlicht Ende September 2022).

Der BFH kommt dabei zu dem Schluss, dass es auch im Rahmen der Schlussmethode des Art. 31 ZK (heute: Art. 74 Abs. 3 UZK) nicht möglich ist, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.

Denn steht zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht fest, ob am Ende des Abrechnungszeitraums überhaupt eine Berichtigung vorzunehmen sein wird und ob, falls dies der Fall ist, die Berichtigung nach oben oder nach unten zu erfolgen hat, dann ist ein demzufolge erst noch zu ermittelnder Warenwert zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht i.S. von Art. 8 Abs. 3 des Übereinkommens zur Durchführung des Art. VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 quantifizierbar.

Der BFH begründet seine Entscheidung in erster Linie damit, dass die Zollwertermittlung eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung sei. Hierbei sei auf den Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung abzustellen. Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die erst nach Zahlung des Abgabenbetrages eintreten, würden keine Erstattung nach Art. 236 Abs. 1 UAbs. 1 ZK (heute: Art. 117 UZK) rechtfertigen. Dies gelte nach der Entscheidung des EuGH (Urteil v. 20.12.2017 C-529/16) auch für nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen, die als ertragsteuerliches Instrument der Streitvermeidung und der Verminderung von Verrechnungspreisrisiken diene.

Damit bestätigt der BFH die Auffassung der deutschen Zollverwaltung bezüglich der zollwertrechtlichen Behandlung von nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen in Form von pauschalen, also nicht produktbezogenen, Gutschriften. Fraglich ist nun allerdings, ob die Zollverwaltung bei ihrer bisherigen Auffassung zur Behandlung von vertraglich vereinbarten nachträglichen produktbezogenen Verrechnungspreisanpassungen und insbesondere von Anpassungen in Form von pauschalen Nachbelastungen bleiben kann. Denn im letzten Fall geht die Zollverwaltung derzeit von einer Preisbeeinflussung aufgrund von Verbundenheit aus, da die unterjährig in Rechnung gestellten Preise offensichtlich zu niedrig waren und zu wenig Einfuhrabgaben erhoben wurden (E-VSF Z 5101 Abs. 30 und 31). Die Zollverwaltung korrigiert derzeit daher die unterjährig angemeldeten Zollwerte um die Höhe der Nachbelastung und erhebt Einfuhrabgaben nach. Die zollwertrechtliche Behandlung von nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen bleibt also auch nach diesem Urteil zum Teil ungeklärt.

Quellenangaben

Urteil vom 17. Mai 2022, VII R 2/19

Bundesfinanzhof

Redaktionell bearbeitet durch

Matthias Merz
Geschäftsführer der AWA AUSSENWIRTSCHAFTS-AKADEMIE GmbH
Geschäftsführer der HZA HAMBURGER ZOLLAKADEMIE GmbH

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