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12. EU-Sanktionspaket gegen Russland im EU-Amtsblatt veröffentlicht

Die Europäische Union hat ein 12. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Die neuen Maßnahmen betreffen sowohl die Verordnung (EU) 833/2014 als auch die Verordnung (EU) 269/2014. Erstere betrifft schwerpunktmäßig die allgemeinen Außenwirtschaftsbeschränkungen gegenüber der Russischen Föderation, letztere bündelt die personenbezogenen Sanktionsmaßnahmen, welche die EU im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine erlassen hat.

Änderungen in der VO (EU) 833/2014

Die nach Art. 2a geltenden Verbote werden durch Aufnahme weiterer Güter in Anhang VII Teil B ausgeweitet. Beachtlich ist, dass für diese Güter keine Altvertragsregelungen bestehen. Zu den neu aufgenommenen Gütern gehören u.a.: bestimmte Chemikalien, Rhenium, Teile von Maschinen und Baugruppen, wie etwa Kugel- und Tonnenlager.

Die insb. nach Art. 2 Abs. 7 und Art. 2a Abs. 7 i.Z.m. bestimmten Genehmigungsentscheidungen zu berücksichtigende Liste derjenigen Entitäten, die militärische Endnutzer bzw. Teil des russischen militärischen Komplexes sind (Anhang IV) wurde um 29 Einträge auf nun insg. 622 Einträge erweitert.

Im Hinblick auf die einfuhrseitigen Verbote für bestimmte Eisen- und Stahlerzeugnisse (Art. 3g) wurden sog. Partnerländer, namentlich die Schweiz und Norwegen, benannt (Anhang XXXVI). Für Einfuhren aus diesen Ländern entfällt gemäß Art. 3g Abs. 1 Buchstabe d die Pflicht zur Vorlage bestimmter (Ursprungs-)Nachweise.

Bzgl. der einfuhrseitigen Verbote nach Art. 3i für die Güter des Anhangs XXI wurden in den neu eingeführten Art. 3i Abs. 3aa-ad sowie Abs. 3cc-3cd bestimmte Ausnahmen u.a. im Hinblick auf die Einfuhr von Kraftfahrzeugen für den persönlichen Gebrauch geschaffen. Die Art. 3i Abs. 3ca & 3cb sehen zudem für bestimmte, neu in den Anhang XXI aufgenommene Waren, Altvertragsklauseln (bis zum 20.03.2024 bzw. bis zum 20.12.2024) vor.

Erweiterung der Verbote des Artikels 3k

Durch Schaffung eines Art. 3k Abs. 1a werden die bestehenden Durchfuhrverbote durch Russland ausgeweitet und auf den neuen Anhang XXXVII (Teilmenge des Anhangs XXIII) erstreckt. Zu den von diesem Durchfuhrverbot betroffenen Gütern zählen u.a. verschiedene Güter des Kapitels 84 der Kombinierten Nomenklatur, die sich gleichfalls schon in Anhang XXIII finden, aber nunmehr zusätzlich diesem Durchfuhrverbot unterworfen werden.

Ausweitung des Anhangs XXIII und Schaffung von Altvertragsregeln

Die gemäß Art. 3k Abs. 1 und Abs. 2 geltenden Verbote werden durch die Aufnahme neuer Güter in den Anhang XXIII ausgeweitet (neu erfasst werden u.a. bestimmte Chemikalien, Lithiumbatterien, Thermostate, Gleichstrommotoren und Servomotoren für unbemannte Luftfahrzeuge, Werkzeugmaschinen und Maschinenteile).

In Verbindung mit den neu in Anhang XXIII erfassten Gütern gelten Altvertragsklauseln nach den Art. 3k Abs. 3aa und Abs. 3ab. Hierzu werden die neu erfassten Güter des Anhangs XXIII zusätzlich aufgeteilt in die „neuen“ Anhänge XXIIIA und XXIIIB. Diese differenzieren wie folgt: Für die Güter des Anhangs XXIIIA gelten Altvertragsregeln bis zum 20.03.2024, für die Güter des Anhangs XXIIIB gelten Altvertragsregeln bis zum 20.06.2024.

Anhang XXIIIA erfasst u.a. bestimmte Waren aus den Kapiteln 28, 29, 38, 39, 40, 72, 73, 74, 76, 82 84, 85, 89, 90, Anhang XXIIIB erfasst u.a. bestimmte Waren aus den Kapiteln 39, 73, 74, 84.

Informationsfluss i.Z.m. Preisobergrenze für Erdölerzeugnisse

Zur Stärkung/Durchsetzung der in Art. 3n enthaltenen Regelungen, die auf eine Preisobergrenze für russische Erdölerzeugnisse abzielen, wird ab 20.04.2024 für bestimmte Dienstleister eine Pflicht zur Erhebung von bestimmten Preisinformationen (Nebenkosten) eingeführt. Auf Anfrage sind diese Informationen an bestimmte Behörden/Wirtschaftsbeteiligte herauszugeben. Hierdurch soll – so die Hoffnung der sog. Price Cap Coalition – die Fälschung von Bescheinigungen erschwert werden.

Verbote für Diamanten (Art. 3p)

Mit dem neuen Art. 3p werden einfuhrseitige Verbote im Zusammenhang mit Diamanten und Erzeugnissen hieraus (neuer Anhang XXXVIII) eingeführt. Die Verbote differenzieren u.a. nach bestimmten Erzeugnissen (Teil A erfasst Diamanten mit KN-Codes ex 7102; Teil B erfasst Diamanten mit KN-Codes ex 7104; Teil C erfasst Erzeugnisse mit KN-Codes ex 7113-7116 sowie 9101) sowie – hinsichtlich des Datums des Inkrafttretens – nach bestimmten Erzeugungs-/Lieferketten (Abs. 1 und Abs. 2 erfasst Erzeugnisse mit Ursprung in/Ausfuhr aus/Durchfuhr durch Russland; Abs. 3 erfasst Erzeugnisse, die in Drittland (außerhalb Russlands) verarbeitet wurden, aber Diamant(en) russischen Ursprungs/ausgeführt aus Russland enthalten und mit mind. 1 Karat haben; Abs. 4 erfasst Erzeugnisse, die in Drittland (außerhalb Russlands) verarbeitet wurden, aber Diamant(en) russischen Ursprungs/ausgeführt aus Russland enthalten und mind. 0,5 Karat/0,1 Gramm wiegen).

Ergänzend hierzu sieht der Art. 3p Abs. 5 Verbote für mit den vorstehend sanktionierten Geschäften verbundene Dienste (technische Hilfe, Vermittlungsdienste, Finanzhilfen) vor. Ausnahmen für bestimmte Erzeugnisse für den persönlichen Gebrauch und Genehmigungsmöglichkeiten sind in Art. 3p Abs. 6 f. vorgesehen.

Verbote i.Z.m. dem Verkauf von Tankschiffen für Erdöl

Mit Art. 3q wird für Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, natürlichen Personen mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat und juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die in der Union gegründet wurden, ein Verbot eingeführt, wonach der Verkauf (oder andere auf die Übertragung von Eigentum abzielende Geschäfte) in Bezug auf Tankschiffe für bestimmte Erdölerzeugnisse an Personen/Entitäten in Russland oder zur Verwendung in Russland untersagt ist.

Überarbeitung und Ausweitung des Art. 5n – Verbote für Software (ERP, CAD, u.a.)

Im Art. 5n wurde ein neuer Art. 5n Abs. 2b mit ausfuhrseitigen Verboten für Software für die Unternehmensführung und Software für Industriedesign und Fertigung gemäß des neu eingeführten Anhangs XXXIX geschaffen. Die Verbote gelten – respektive der Altvertragsregelung in Abs. 4b – für den Verkauf, die Lieferung, das Verbringen und die Ausfuhr und Bereitstellung an/für die Regierung Russland, aber auch an/für in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die zuvor unbefristet geltende Ausnahme des Art. 5n Abs. 7 nunmehr nicht mehr unbefristet gilt, sondern mit Ablauf des 20.06.2024 endet.

Ergänzend zu den vorgenannten Verboten enthält ein neuer Art. 5n Abs. 3a korrespondierende Verboten für Finanzhilfe, technische Hilfe etc.

Meldepflichten im Zahlungsverkehr (Art. 5r)

Einen sehr begrenzten Anwendungsbereich weisen die – im Vorfeld vielfach diskutierten – neuen Beschränkungen im Bereich des Zahlungsverkehrs auf. Durch Schaffung eines neuen Art. 5r werden ab 01.05.2024 punktuelle Meldepflichten eingeführt, die jedoch nur für Personen, Organisationen, Einrichtungen gelten, deren Eigentumsrechte zu mehr als 40 % (unmittelbar oder mittelbar) gehalten werden von:

  • in Russland niedergelassenen Entitäten
  • russischen Staatsangehörigen
  • natürlichen Personen mit Wohnsitz in Russland.

Eine Meldepflicht besteht für Geldtransfers dieser Entitäten, sofern der Geldtransfer 100.000 EUR übersteigt und aus der Union heraus (im Rahmen einer oder mehrerer Operationen) in ein Drittland getätigt wurde.

Pflicht zur Vereinbarung von „Nicht-für-Russland-Klauseln“ (Art. 12g)

Mit der Einführung eines neuen Art. 12g ergreift die EU schließlich noch weitergehende Maßnahmen, die sog. Umgehungsgeschäfte in Bezug auf bestimmte Güter verhindern soll.

Hierzu sieht die Vorschrift die Pflicht vor, dass „Ausführer“ im Anwendungsbereich der Verordnung bei Drittlandsgeschäften in Bezug auf bestimmte sanktionierte Güter ab dem 20.03.2024 die Wiederausfuhr nach Russland sowie die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland „vertraglich untersagen“ müssen, was in der Vergangenheit als sog. „Nicht-für-Russland-Klauseln“ diskutiert wurde.

Betroffen hiervon sind „der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr“ (vgl. Art. 12g Abs. 1) von Gütern in ein Drittland, die in folgenden Anhängen aufgeführt sind:

  • Anhang XI
  • Anhang XX
  • Anhang XXXV
  • Neuer Anhang XL
  • Güter des Anhangs I der sog. Feuerwaffen-VO (VO (EU) 258/2021)

Ausgenommen von dieser Pflicht zu vertraglichen Untersagung etwaiger Weiterlieferungen nach/zur Verwendung in Russland sind Vorgänge mit den Ländern aus Anhang VIII (derzeit USA, Japan, Vereinigtes Königreich, Südkorea, Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Schweiz). Ebenso gelten nach Abs. 2 Altvertragsregelungen für Verträge, die vor dem 19.12.2023 geschlossen wurden, bis spätestens zum 20.12.2024.

Darüber hinaus müssen Ausführer gemäß Art. 12g Abs. 3 sicherstellen, dass die Abrede mit dem drittländischen Vertragspartner „angemessene Abhilfemaßnahmen“ für den Fall eines Verstoßes gegen das vereinbarte Wiederausfuhrverbot enthält.

Schließlich müssen Ausführer nach Art. 12g Abs. 4, „sobald“ ihnen ein Verstoß gegen die zivilrechtlich vereinbarte Pflicht offenbar wird (d.h. insb. bei Bekanntwerden einer Weiterlieferung durch den drittländischen Kunden nach Russland), diesen an die zuständige Behörde desjenigen Mitgliedstaates, in dem sie niedergelassen sind, melden.

Der neu eingeführte Anhang XL enthält u.a. bestimmte Güter aus Kapitel 84, 85, 88, 90.

Neue Personenlistungen in der VO (EU) 269/2014

Mit Durchführungsverordnung (EU) 2023/2875 hat die EU insg. 61 weitere Personen und 86 weitere Entitäten in den Anhang I der VO (EU) 269/2014 aufgenommen und hierdurch u.a. mit Einfriergeboten und umfassenden Bereitstellungsverboten für Gelder und wirtschaftliche Ressourcen belegt.

Quellenangaben

EU beschließt 12. Sanktionspaket gegen Russland

Verordnung (EU) 2023/2873 des Rates vom 18. Dezember 2023

Durchführungsverordnung (EU) 2023/2875 des Rates vom 18. Dezember 2023

Verordnung (EU) 2023/2878 des Rates vom 18. Dezember 2023

Europäische Kommission

EUR-Lex

Redaktionell bearbeitet durch

Matthias Merz
Geschäftsführer der AWA AUSSENWIRTSCHAFTS-AKADEMIE GmbH
Geschäftsführer der HZA HAMBURGER ZOLLAKADEMIE GmbH

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