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BFH-Urteil zu Erlass/Erstattung nach Art. 238 ZK

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 28.3.2006, Az. VII R 23/05 und 24/05 Folgendes entschieden:

 

Leitsatz:

 

"Wird eine eingeführte Ware wegen ihrer Schadhaftigkeit zurückgewiesen und wieder aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführt, steht ein vorheriger Weiterverkauf der Ware dem Anspruch des Einführers auf Erstattung der Einfuhrabgaben nur entgegen, wenn die Ware in Kenntnis ihrer Schadhaftigkeit verkauft worden ist. Es kommt weder darauf an, ob die Schadhaftigkeit der Ware im Zeitpunkt ihres Weiterverkaufs hätte erkannt werden können, noch darauf, ob die Ware an einen Abnehmer in der Gemeinschaft oder in einem Drittland weiterverkauft wurde."

 

 

Im Sachverhalt, der dem Urteil zu Grunde lag, hatte die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) schadhafte Waren aus China bezogen, diese in den zollrechtlich freien Verkehr überführt und anschließend nach Finnland weiterverkauft.

 

Der finnische Abnehmer äußerte gegenüber der Klägerin Qualitätsprobleme, so dass diese sich veranlasst sah, sechs bereits abgefertigte Container nicht nach Finnland auszuliefern, obwohl eine Prüfung durch einen Sachverständigen keine Qualitätsmängel ergeben hatte. Sie verkaufte die Waren dann an einen Abnehmer in Norwegen weiter. Allerdings beanstandete auch dieser die Qualität des Saftes, so dass sich die Klägerin entschloss, die Waren an den chinesischen Verkäufer zurück zu senden. Es stellte sich schließlich heraus, dass ein Defekt an der Abfüllanlage in China als Ursache des Mangels zu erkennen war.

Das HZA lehnte den Antrag auf Erstattung mit der Begründung ab, dass die Erstattungsvoraussetzungen nach Art. 238 ZK nicht vorgelegen haben, da die Klägerin die Waren nicht zurückgewiesen, sondern zwischenzeitlich nach Norwegen verkauft habe. Die Einsprüche der Klägerin blieben ohne Erfolg.

 

Das Finanzgericht verpflichtete das HZA zunächst, die Eingangsabgaben antragsgemäß zu erstatten. Hiergegen richtete sich die Revision des HZA. Das HZA ist der Ansicht, ein Erstattungsanspruch nach Art. 238 ZK setze die vollständige Rückabwicklung des Geschäftes voraus, die aber gerade dann nicht gegeben sei, wenn die eingeführte Ware verkauft worden sei.

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 28.03.2006 die Revision des HZA zurückgewiesen und entschieden, dass ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der streitigen Einfuhrabgaben besteht. Ein Weiterverkauf der Ware steht dem Erstattungsanspruch des Einführers nur dann entgegen, wenn die Ware in Kenntnis ihrer Schadhaftigkeit verkauft wird. Hier lag jedoch keine Kenntnis der Klägerin vor; insbesondere hatte eine damalige Überprüfung des Apfelsaftkonzentrates durch die Klägerin keine Mängel ergeben. Dementsprechend kommt es für den Erstattungsanspruch nicht darauf an, ob die Schadhaftigkeit der Ware aufgrund weitrechenderer Untersuchungen hätte erkannt werden können.

 

Darüber hinaus stellte der BFH darauf ab, dass es für einen eventuellen Ausschluss eines Erstattungsanspruchs wegen eines Weiterverkaufes nach Erkennen einer Schadhaftigkeit nicht darauf ankommt, ob dieser Verkauf an einen Käufer in der Gemeinschaft oder in einem Drittland ausgeführt wird. Folglich würden ein Verkauf innerhalb der Gemeinschaft als auch ein Verkauf in ein Drittland einen Erstattungsanspruch dann ausschließen, wenn der Verkauf in Kenntnis der Schadhaftigkeit erfolgt.